Das Beste kommt am Schluss. Wenn das Feuerwerk zu Ende ist, die Lichtshow, die Videoinstallationen, die Kunststücke des Illusionisten, die grandiose Tanz-Performance. Wenn das Publikum im Berliner „Tempodrom" steht und applaudiert und von den „Flying Steps" eine Zugabe verlangt und wenn dann die elf Breakdancer noch einmal auf die Bühne kommen und, wie früher, einer nach dem anderen nach vorn tritt und ein paar Moves hinzaubert, akrobatische Kunststücke, extrem schwierig und doch scheinbar federleicht, wenn sie noch ein paar Minuten Staunen produzieren, Körperbeherrschung in Vollendung, ganz ohne Brimborium, dann ist alles wie damals, als sie noch Kids waren und tanzten auf irgendeinem Platz.

Als wir 1993 das erste Mal Weltmeister wurden, wussten wir, dass wir Talent haben. Vartan Bassil, Gründer der Flying Steps

Vartan Bassil ist künstlerischer Leiter der „Flying Steps". Als alles anfing damals vor fast 25 Jahren, war er einfach nur ein Breakdancer. Anfang der Neunziger ging es los. Mit Tanzen auf Berliner Straßen, in Hinterhöfen, in einem Jugendklub im Wedding. Alles Jungs, Schüler um die 14, 15, die zuvor Sport gemacht hatten wie alle anderen auch, Fußball, Rennradfahren, Tischtennis, alles Mögliche, aber dann hatte sie das B-Boying-Fieber gepackt, das Breakdancen. Und weil das kein normaler Sport ist, sondern auch ein Lebensgefühl, eine Leidenschaft, ein Teil des Hip-Hop, Körper gewordene Musik, brauchte man dafür keine Trainer, sondern nur andere Jungs, an denen man sich messen, mit denen man wachsen konnte. 1993 bekam die Crew von Bassil und seinen Freunden einen Namen: Flying Steps. Sie nahmen an Wettkämpfen teil, und ein Jahr später gewannen sie das „Battle of the Year", so etwas wie die Breakdance-Weltmeisterschaft. „Da wussten wir", sagt Bassil, „dass wir Talent haben." Und dann trainierten sie noch härter als zuvor.

Sport, Akrobatik, Tanz. Wenn man diese Zutaten ordentlich mischt und aufschüttelt und mit Talent, Bewegungsgefühl und Trainingsfleiß würzt, dann kommt manchmal Breakdance auf Weltniveau heraus - auf Straßen in New York, auf Plätzen in Berlin, und neuerdings kann man begnadete Tänzer auch in großen Hallen sehen. Und es waren nicht die Amerikaner, die Erfinder des Breakdance, die den Sprung vor ein großes Publikum abseits der Szene geschafft haben, sondern die „Flying Steps" aus Kreuzberg. Sie haben mit „Flying Illusion" im Tempodrom schon ihre zweite Produktion vorgestellt, und nach vier umjubelten Vorstellungen gibt es wenig Zweifel, dass auch sie auf Welttour gehen wird - wie „Flying Bach", das erste Großprojekt der Berliner.

Show der Superlative

Manchmal fällt es auch dem 38 Jahre alten Bassil schwer, zu verstehen, was in den letzten Jahren alles passiert ist. Und zu was es geführt hat: Die „Flying-Illusion"-Produktion hat, finanziert von Red Bull, zwei Millionen Euro gekostet. Elf der besten Breakdancer der Welt hat Bassil dafür verpflichtet, 65 Mann arbeiten im Hintergrund. Lastwagenladungen voller Licht- und Videotechnik, Orchestermusik und Illusionen des Ulmer Magiers Florian Zimmer sorgten für eine Show der Superlative. Dass es so weit gekommen ist - niemand konnte es ahnen.

„Ein Breakdancer muss sich ständig selbst beweisen", sagt Bassil. „Er versucht, sich zu verbessern, ständig Neues zu kreieren." Einem Breakdancer geht es um Respekt. Darum kämpft er. Respekt in der Gruppe. Respekt unter Gleichgesinnten. Bassil wollte mehr. „Ich hatte es satt, mich schämen zu müssen, wenn ich beim Elternabend sagte, ich mache Breakdance." Ihm ging es um Akzeptanz, um Anerkennung auch außerhalb der Szene. Um die Frage, warum jeder Leistungssportler gesellschaftlichen Respekt genießt, Breakdance aber nur als Subkultur mit Schmuddel-Image wahrgenommen wird. 2010 initiierte Bassil mit dem Dirigenten und Opernregisseur Christoph Hagel das Projekt „Flying Bach", das Breakdance mit klassischem Tanz und klassischer Musik verband. 30.000 Euro kostete die Produktion, der Erfolg war gewaltig, die ausverkaufte Welttournee geht parallel zur neuen Show weiter, für dieses Jahr sind 70 Termine angesetzt.

Breakdance ist in erster Linie Tanz. Ist er perfekt, geht der Sport, die Akrobatik, in der Musik auf. Es gibt verschiedene Stile. Es gibt athletische Power-Mover wie Lil Amok, einen der „Flying-Illusion"-Stars, kraftstrotzende Muskelpakete, denen auch Weltklassekunstturner wie Fabian Hambüchen höchsten Respekt zollen, es gibt die geschmeidig-eleganten Popping- und Locking-Spezialisten, es gibt die Flexiblen, die ihre Körper verrenken können wie Zirkusartisten.

Der Geist des Breakdance ist der Wettkampf, das „Battle". Eins gegen eins, Gruppe gegen Gruppe. Das ist so, seit der Straßentanz Ende der Sechziger zwischen schwarzen und puerto-ricanischen Jugendlichen im New Yorker Stadtteil Bronx aufkam. Lil Amok, der aus dem Kosovo stammt, in Celle aufgewachsen ist und mit bürgerlichem Namen Adnan Dushaku heißt, hat als Kind Fußball gespielt, aber schon mit acht Jahren ist er zum Breakdance gekommen, mit neun hat er sein erstes „Battle" gewonnen. Er ist ein Star der Szene, sein Youtube-Video „2 hard 2 bite" hat im Internet mehr als eine Million Klicks. Der 23-Jährige hat bei Breakdance-Weltmeisterschaften für Deutschland getanzt und in mehreren Tanztheaterproduktionen mitgespielt, für „Flying Illusion" hat er ein Engagement in Brasilien abgesagt. Vier Mal die Woche trainiert er, immer auf der Suche nach neuen Sensationen. Breakdancer gehen selten in Krafträume, sie tanzen einfach, proben Tricks, entwickeln Neues - und dabei auch Kraft und Körperkontrolle. Adnan Dushaku trainiert noch heute am liebsten in der „CD-Kaserne", einem Celler Jugendzentrum, dort, wo er mit acht Jahren mit dem Breakdance begann.

Extrem austraniert

Verletzungen sind ein Problem. Zwar sind die Tänzer extrem austrainiert, aber weil es zu ihrem Selbstverständnis gehört, immer wieder Neues zu probieren, immer schwierigere Tricks und Moves, müssen sie sich bei einer Großproduktion wie „Flying Illusion" ein Stück zurücknehmen. Es geht darum, Verletzungen zu vermeiden, denn für die Hauptakteure auf der Bühne gibt es keine Zweitbesetzung. Fallen sie aus, fallen die Vorstellungen aus. Schon eine einzige Zerrung gefährdet das große Ganze. Deshalb, sagt Bassil, sei es wichtig, dass die Tänzer auf „Risiko-Moves" verzichten. Sie wurden während der Proben nach und nach aus dem Programm gestrichen.

Aus der Subkultur der Jugendklubs haben sich die Flying Steps zu einem florierenden Unternehmen mit 15 Mitarbeitern und 30 Spitzentänzern entwickelt. Seit 2007 betreiben sie eine Tanzschule in Kreuzberg, 2013 zogen sie damit in neue Räume am Moritzplatz, 700 Quadratmeter groß ist die Flying Steps Academy seither. Mit „Flying Bach" tanzten sie anfangs in Hallen mit 300, 400 Plätzen, an außergewöhnlichen Orten wie dem Bundestag in Bonn oder der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Jetzt, mit „Flying Illusion", werden die Hallen größer, bis zu 4000 Zuschauer finden darin Platz. Und Bassils Ziel ist ambitioniert: „Wir wollen nach Las Vegas." In die amerikanische Unterhaltungs-Metropole war er vor dem Start des „Illusion"-Projektes gereist, hatten die großen Shows angeschaut und war mit der Erkenntnis nach Berlin zurückgekehrt: „Die kochen auch nur mit Wasser."

Die besten Breakdancer der Welt

Die neue Show läuft parallel zum Erfolgsstück „Flying Bach". Zwei Tänzer aus der ersten Produktion, Benny und Lil Rock, sind bei der neuen dabei, die anderen neun sind neu hinzugekommen. Bassil hat sie im letzten Sommer nach Berlin geholt, Wohnungen angemietet, dann begannen die Proben. Ein Casting gab es nicht. „So etwas brauchen wir nicht", sagt Bassil. „Wir kennen die besten Breakdancer der Welt seit vielen Jahren." Die Szene ist eine große Familie. Die Neuen kommen aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Portugal, Griechenland, dem Kongo, Mazedonien, dem Kosovo. Sie haben Verträge für ein halbes Jahr, dann will man sehen, ob die Produktion, die nach Berlin Station in Frankfurt, Köln, Oberhausen, Stuttgart und Hamburg macht, auf den Spuren von „Flying Bach" auf Welttournee geht. Nach den umjubelten Auftritten in Berlin sieht es ganz danach aus. Es geht weiter voran. Von Kreuzberg in Richtung Las Vegas.

Erschienen am 08.04.2014, von Michael Eder auf faz.net

Flying Bach auf Welt-Tournee

Der Publikumsliebling der Flying Steps tourt weiter und kommt nach Deutschland, Niederlande und die Schweiz. Hier gibt es alle Infos zur Show, die Tourstopps und Tickets.

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